Warum Sonneberg?

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Neuhaus ist eine Gemeinde im Landkreis Sonneberg. Sonneberg steht mit einer Inzidenz von 1486 sehr weit oben in der Coronaliste, die eine Zeitlang die Gemeinde Rottal-​Inn angeführt hat. Der Bürgermeister der Gemeinde Neuhaus wandte sich vor ein paar Tagen an seine Bürger, um zur Versöhnung zwischen Geimpften und Ungeimpften aufzurufen (www​.neuhaus​-am​-rennweg​.de). Er stellt sich dagegen, dass den Ungeimpften die Schuld an der momentanen Situation zugewiesen wird. Er sieht die Verantwortung für die Überlastung des Gesundheitssystems vielmehr darin, dass das Gesundheitssystem jahrelang kaputtgespart wurde. So listet er die Prämien zur Reduzierung von Krankenhausbetten auf. Bei einer Belegung von 71 Prozent der Intensivbetten im Landkreis Sonneberg mit Coronapatienten, liegt die Frage nach der Ausstattung des Gesundheitswesens nahe.

Ein Blick auf den Landkreis Sonneberg lohnt sich: »Mitten im Thüringer Wald liegt einer der dynamischsten Wirtschaftsräume Deutschlands: der Landkreis Sonneberg. Hier deuten alle wirtschaftlichen Kennzahlen auf eine goldene Zukunft.« Dieses Zitat von Oliver Hollenstein, einem Journalisten der Zeit, leitet die Darstellung des Wirtschaftsstandorts Sonneberg ein (www​.kreis​-sonneberg​.de/​w​i​r​t​s​c​h​aft). Dieses Zitat stammt aus der Zeit vor Corona. Die Liste der Industrieunternehmen im Landkreis ist lang (https://​sonneberg​.de/​w​i​r​t​s​c​h​a​f​t​/​u​n​t​e​r​n​e​h​men). Man findet zum Beispiel Autozulieferer und kunststoffverarbeitende Industrie. Beide Branchen vereint, dass sie mit dem geplanten Verzicht auf die Verarbeitung fossiler Energien in Schwierigkeiten geraten könnten. Viele Autozulieferer werden bei Umstellung auf Elektrofahrzeuge ihren Absatzmarkt verlieren und müssen umsteuern. Wichtigstes Vorprodukt bei der Kunststoffherstellung ist Erdöl. Steigen die Rohölpreise wie im Moment, so wird es auch für diese Produzenten eng.

Der Landkreis Sonneberg hat eine Bevölkerungsdichte von 124 Einwohnern pro km² bei einer ungünstigen Altersstruktur. Der Altersquotient liegt bei circa 45. Die Coronahotspots befinden sich allesamt nicht etwa in dicht besiedelten Regionen, sondern in Landkreisen, die ähnlich wie Sonneberg strukturiert sind. Landkreise mit teils negativem Bevölkerungssaldo und einer mittelständisch geprägten Industrie. Nimmt man den Landkreis Rottal-​Inn, so erhält man eine Bevölkerungsdichte von 95 pro km² und einem noch höherem Altersquotienten als in Sonneberg. Wurde im Jahr 2019 noch mit »nachhaltigen und wirtschaftlich starken Aushängeschildern in unserer Region« geprahlt, nachdem 5 Unternehmen die Auszeichnung »Top Unternehmen Niederbayerns« erhalten hatten, sieht man heute auf der Wirtschaftsseite von Rottal-​Inn an erster Stelle Informationen über Coronasubventionen. Interessanterweise wurden schon im letzten Jahr die Landkreise Rottal Inn und Berchtesgadener Land überdurchschnittlich mit zusätzlichen Hilfen vom Land Bayern unterstützt. Und zwar, weil diese Gemeinden im Herbst 2020 schon vor dem bundesweiten Lockdown in den Lockdown gingen, bekam Rottal Inn einen Aufschlag von 16,13 Prozent und Berchtesgadener Land 38,71 Prozent. Das hat sich doch gelohnt! Der Lockdown im letzten Herbst war kein Lockdown für die Betriebe, sondern ein Lockdown fürs Privatleben.

Die Schuldzuweisung an die Ungeimpften verdeckt nicht nur die Verhältnisse im Gesundheitswesen, sondern verschleiert ebenso die wirtschaftliche Problematik, die hinter der Gesundheitskrise versteckt wird. In einem Vortrag von 2018 (https://​youtu​.be/​j​o​J​f​f​g​K​N​0jM) kündigte der konservative Liberale Dr. Markus Krall für das Jahr 2020 eine Liquiditätskrise an. Sie wäre verursacht durch die Nullzinspolitik der Bundesbank, die wiederum dazu führen würde, dass die Banken nichts mehr verdienten und es erwartbar wäre, dass sie an Punkt kämen, an dem sie keine Kredite vergeben könnten. Zufällig brach die Coronakrise pünktlich aus.

Der Bürgermeister von Neuhaus, Uwe Scheler, hat den Mut aus der Kakophonie gegen die Ungeimpften auszubrechen. Dafür gebührt ihm Dank. Der nächste Schritt wäre, zu den ökonomischen Problemen der Krise Stellung zu beziehen.

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