Raus aus der Blase auf die Straße!

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Es ist windig am Samstagmorgen. Das Flipchartpapier fliegt davon. Das Flipchart kippt mehrfach um. Flyer und Fahne festigen wir mit Steinen aus dem naheliegenden Park. Ein starker böiger Nordwind fegt in die nach Norden offene Einkaufsstraße. Langsam nähert sich der Schatten. Menschen, die offensichtlich nicht zur deutschen Mittelschicht gehören, erledigen hier samstags ihre Einkäufe. Ab 11 Uhr wird es voller in der Fußgängerzone in Frankfurt-​Höchst. Die meisten Menschen tragen Maske. Wir haben unseren Stand in einem der Frankfurter Migrantenviertel aufgebaut. »Kann das gut gehen?«, fragen wir uns. Können wir mit den Themen Impfpflicht und Ukrainekrieg hier ins Gespräch kommen?

Wir hatten uns vorgenommen, keine Flyer in die Hand zu verteilen und zu warten, dass sich jemand für unseren Stand interessiert. Das funktioniert nicht. So verteilen wir unsere kleinen Flyer an die Passanten. Die großen Flyer lassen wir liegen. Sie haben zu viel Text. Viele Leute gehen vorbei, doch mit einigen kommen wir ins Gespräch. Wenn wir den Passanten zurufen »Gegen Impfpflicht«, wecken wir ihr Interesse. Dann nehmen sie einen Flyer, viele zustimmend.

Eine ältere Frau äußert ihre Besorgnis, dass sich der Ukrainekrieg ausweitet. Sie ist fast 80. Ein Bekannter, etwas älter als sie, hat sich vor 10 Tagen vor den Zug geworfen. Sie weiß nicht warum, glaubt jedoch, dass er Angst vor einem Krieg hatte. Die über 80-​Jährigen haben den Krieg noch miterlebt. Sie wissen, wovor sie Angst haben.

Ein älterer Türke erklärt, dass er eine unerwünschte Person in Deutschland sei. „Wie lange muss man in Deutschland leben, um als Deutscher zu gelten?“, fragt er sich. Er lebt seit 52 in Deutschland und arbeitet noch. Er wäre eher konservativ. Er ist ungeimpft. Sein dreimal geimpfter Sohn hatte Corona. Ja, er sei gegen die Impfpflicht.

Eine Frau winkt ab. Sie nimmt keinen Flyer. Sie fühlt sich von der Politik verarscht. Erst Stoffmasken, dann die OP-​Masken, jetzt FFP2-​Masken. Jedesmal viel Geld ausgegeben und dann kam eine andere Regelung. Sie ist dreimal geimpft und war vier Wochen mit Corona krank. Sie sei nur noch müde. Das Vertrauen in die Politiker hat sie längst verloren. Sie ist zwar geimpft, aber natürlich gegen die Impfpflicht.

Ein junger Mann erkundigt sich eingehend nach den Zielen der Freien Linken. Er fragt uns, wie wir nach »Corona« weitermachen wollen, falls das jemals eintritt. Darauf können wir ihm im Moment keine fertige Antwort geben. Wir sind auf der Suche nach unserem Weg. Er bezeichnet sich selbst als libertär-​anarchisch. Wir können sein Interesse wecken.

Jemand, der sich als »guten Deutschen« bezeichnet, hat kein Verständnis für unser Anliegen.

Die bettelnden Mitbürger sind in der Straße wohlbekannt. Sie werden von den Geschäftsleuten weggescheucht. Und von den migrantischen Passanten hört man des öfteren »Hau ab«, „Geh arbeiten“. Kein Mitleid!

Nach drei Stunden packen wir frierend zusammen. Es war ein Anfang. Der Versuch, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die nicht auf die Demonstrationen gehen, die nicht auf Telgram ihre Informationen zusammensuchen. Für uns eine gute Erfahrung und wir werden es wieder tun.

Zuerst bei freielinkewestaktion​.com erschienen.

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