Die ukrainische extreme Rechte und der Vorschlag zum Verbot der Kommunistischen Partei Portugals

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MagMa veröffentlich hier einen von Simone Bir aus dem Spanischen übersetzten Artikel vom Mundo Obrero mit Rückgriff auf das bei Setenta e Quatro erschienene portugiesischen Original.

Vorbemerkung des Mundo Obrero:

Vor ein paar Tagen war die Politik in Portugal in Aufruhr. Im Nachbarland lebende Ukrainer stellten die Existenz der Kommunistischen Partei Portugals [PCP] in Frage und schlugen ihre Illegalisierung vor. Dieser Vorschlag war Teil der Kriminalisierungskampagne, der die PCP ausgesetzt ist, weil sie für den Frieden mobilisiert hat und die durch die Intervention von Zelenski erfolgte Instrumentalisierung der Versammlung der Republik für die Anzettelung des Krieges angeprangert, an der sie nicht teilgenommen hat.

Für die portugiesischen Kommunisten sind dies Äußerungen faschistischen Hasses, die von einem Führer einer Vereinigung ukrainischer Flüchtlinge gegen die Existenz der Portugiesischen Kommunistischen Partei gemacht wurden, in Übereinstimmung mit den wiederholten Äußerungen der Einmischung des ukrainischen Botschafters und den Äußerungen des ukrainischen Außenministers, die sich ebenfalls gegen die PCP richten.

Sie waren nicht fehlgeleitet. Ein kürzlich in der Zeitschrift Setenta e Quatro veröffentlichter Bericht des Chefredakteurs Ricardo Cabral Fernandes, eines Journalisten, der sich der Untersuchung der extremen Rechten und ihrer internationalen Verbindungen verschrieben hat, enthüllt die Verbindungen von Pavlo Sadokha, dem Vorsitzenden der Vereinigung der Ukrainer in Portugal, zur extremen Rechten in seinem Land. Hier ist eine Zusammenfassung des Artikels.

Wer ist Pavlo Sadokha? Verbindungen mit der ukrainischen rechtsextremen Szene

Er ist der bekannteste Führer der ukrainischen Gemeinschaft in Portugal und in den letzten Wochen zu einer festen Größe in den portugiesischen Medien geworden. Aber wer ist Pavlo Sadokha, der Präsident der Vereinigung der Ukrainer in Portugal? Und vor allem, welche Verbindungen hat er zur ukrainischen extremen Rechten?

Er wurde am 2. Februar 1970 in Lemberg (Westukraine) in einer Familie mit reaktionärer Tradition geboren, deren Angehörige in der ultranationalistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) von Stepan Bandera aktiv waren. Der ausgebildete Wirtschaftswissenschaftler Pavlo Sadokha wanderte 2001 aus der Ukraine nach Portugal aus und trat Jahre später, 2008, dem Verband der Ukrainer in Portugal bei, einem der wichtigsten ukrainischen Verbände, der enge Beziehungen zur ukrainischen Botschaft in Portugal unterhält. Seit 2010 ist er Präsident der Vereinigung.

Briefe zur Verteidigung von Stepan Bandera und Svoboda

Im Januar 2010 verlieh der damalige ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko dem Kollaborateur von Nazi-​Deutschland, Stepan Bandera (1909 – 1959), posthum den Titel eines Helden der Ukraine. Die Entscheidung wurde jedoch vom Europäischen Parlament nicht begrüßt, das sie am 25. Februar 2010 in einer Entschließung scharf kritisierte.

Pavlo Oleksiyovych Sadokha, der Vorsitzende der Vereinigung der Ukrainer in Portugal, ist ein sehr aktiver Rechtsextremist mit entsprechenden Mitteln. Foto von 2017 (Wikipedia CC BY-​SA 4.0)

Mehrere führende Vertreter der ukrainischen Diaspora waren mit der Position der europäischen Institution nicht einverstanden. Einer von ihnen war Pavlo Sadokha, der Erstunterzeichner eines offenen Briefes gegen die EP-​Entschließung. »Als einer der brillantesten Kämpfer des unabhängigen und konziliaren Staates der Ukraine ist [Stepan Bandera] ein Symbol der unabhängigen Ukraine«, heißt es in dem Brief, der von führenden Vertretern ukrainischer Verbände in Portugal, Deutschland, Italien, Spanien und Griechenland unterzeichnet wurde.

Sadokha beließ es nicht bei lobenden Worten für Bandera. Der Präsident der Vereinigung der Ukrainer in Portugal gehörte zu einer Gruppe von Ukrainern, die im Oktober 2019 das Grab des ukrainischen Rechtsextremisten in München, Deutschland, besuchten und ihm die letzte Ehre erwiesen. Auf seinen sozialen Medien sind Fotos zu sehen, auf denen er Banner mit dem Gesicht von Bandera schwenkt.

Wenn das Lob und die Leugnung der Verbrechen von Stepan Bandera die ukrainische extreme Rechte durchzieht, so machen Sadokhas Verbindungen zur extremen Rechten damit nicht Halt. Zwischen 2012 und 2014 war Pavlo Sadokha Berater des Svoboda-​Abgeordneten Yuriy Syrotiuk, der bei den Parlamentswahlen 2012 gewählt wurde und früher Pressesprecher der rechtsextremen Partei war. Syrotiuk war damals eine der wichtigsten Figuren in Svoboda.

Verbindung zum Neonazi-​Bataillon »Sich«

Ende 2013 begannen die Euromaidan-​Proteste gegen die Regierung Janukowitsch, bei denen Aktivisten der rechtsextremen Partei Svoboda eine Schlüsselrolle spielten. Obwohl die extreme Rechte eine Minderheit unter den Demonstranten darstellte, haben es ihre Militanten durch organisiertes Vorgehen erreicht, Gewinn aus dem Chaos des sich anbahnenden politischen Umbruchs zu ziehen, in dessen Verlauf sie proeuropäische Demonstranten, die sie kritisierten, kriminalisierten und verfolgten.

Präsident Janukowitsch wurde abgesetzt und Svoboda war einige Monate lang Teil der Koalitionsregierung, bis Neuwahlen organisiert und abgehalten wurden. Russisch wurde als zweite Amtssprache verboten, eine der programmatischen Maßnahmen von Svoboda, und die Kommunistische Partei der Ukraine, die als russische fünfte Kolonne galt, wurde verboten, was Svoboda euphorisch stimmte.

Der Krieg brach aus und wurde zunächst intensiv, dann als Konflikt niedriger Intensität im Donbass fortgesetzt, bis Russland am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschierte. Im Jahr 2014 nutzten die Rechtsextremen die Kämpfe im Osten des Landes (die von den Ukrainern als »Anti-​Terror-​Operation« bezeichnet wurden), um mehrere Bataillone zu bilden.

Svoboda schuf ein eigenes Bataillon, das Sich-​Bataillon, dessen Logo aus einem Kosaken (in Anlehnung an das Kosakendorf Saporischschja, das für seinen Mut und seine Tapferkeit bekannt ist) und der Buchstabenzahlenkombination C14 besteht, die sich auf den neonazistischen Ausspruch des US-​amerikanischen ›White Supremacist‹ David Lane, »Wir müssen die Existenz unseres Volkes und eine Zukunft für die weißen Kinder sichern«, beziehen.

Im Jahr 2014 wurde das Bataillon Teil der freiwilligen Sicherheitskräfte Kiews und benannte sich in »4. Sich-​Kompanie des Kiewer Regiments« um, eine Spezialeinheit der Polizei. Dies hinderte sie jedoch weder daran, öffentliche Unterstützung von Svoboda zu erhalten noch enge Verbindungen mit der Partei zu unterhalten, indem sie zum Beispiel Verpflegung empfing.

Eine der Personen, die im Oktober 2014 nach Kiew kamen, um dem Sich-​Bataillon Munition, Medikamente und Lebensmittel zu liefern, war Pavlo Sadokha, berichtete Svoboda auf ihrer Website. Auf dem Sofia-​Platz in der Hauptstadt sprach Sadokha, der als Berater des Svoboda-​Abgeordneten und Vertreter der ukrainischen Gemeinschaft in Portugal auftrat, Seite an Seite mit Vertretern der rechtsextremen Partei.

Dies war jedoch nicht das einzige Treffen mit Svoboda, an dem er teilnahm. Der Vorsitzende der Vereinigung [Ukrainer in Portugal] traf am 23. August 2016 mit dem Regionalrat der rechtsextremen Partei in Lemberg zusammen, um die Zusammenarbeit zwischen dem lokalen Gremium und den ukrainischen Diasporagemeinschaften zu erörtern. Einer der Teilnehmer des Treffens war Ivan Vovk, Präsident der Ukrainischen Patriotischen Vereinigung in Volia, Spanien, und das wichtigste Gesicht von Svoboda auf spanischem Boden, schrieb die Tageszeitung Publico.

Wechsel zum Rechten Sektor

Ab 2016 verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Sadokha und Svoboda. Der Vorsitzende der Vereinigung entwickelte Beziehungen zur Regierung von Präsident Petro Poroschenko, und »einige Leute von Svoboda« beschuldigten ihn des Ausverkaufs. Heute »haben wir keine Verbindungen mehr«, erklärten Quellen der rechtsextremen Partei.

Doch bis der Präsident der Vereinigung der Ukrainer in Portugal und die rechtsextreme Partei sich den Rücken zukehrten, unterstützte ersterer die rechtsextremen Bataillone, sobald der Krieg in der Ostukraine im Jahr 2014 begann. »Der Verein setzt sich direkt mit den Milizen in der Ukraine in Verbindung, um die in Portugal gesammelten Hilfsgüter zu versenden. Wir haben keine neonazistische Ausrichtung«, sagte Sadokha, zitiert vom Express am 16. Juli 2015.

In den zwei Jahren nach Kriegsbeginn belieferte Sadokha das ultranationalistische Bataillon Rechter Sektor, dessen Symbol der ukrainische Dreizack auf einer rot-​schwarzen Flagge ist, eine Anspielung auf die Naziparole. Er tat dies mindestens zweimal, im Juli 2015 und im Juli 2016, und zwei Aktivisten der rechtsextremen Gruppe dankten ihm in einem Video, das auf der Website der Vereinigung der Ukrainer in Portugal veröffentlicht wurde.

Doch der Präsident der Vereinigung der Ukrainer in Portugal ging noch weiter: Er fuhr sogar einen Krankenwagen mit Hilfsgütern von Lissabon nach Mariupol in der Ostukraine, begleitet von zwei Journalisten der Wochenzeitung Expresso. »Damals haben wir auch Asow und den Rechten Sektor besucht, wir waren in Mariupol. Wir sind dorthin gegangen, um Asow etwas zu liefern«, sagte Sadokha gegenüber Setenta e Quatro. Der Krankenwagen blieb dort, Sadokha kehrte zu einem späteren Zeitpunkt nach Portugal zurück.

Mit dem Ausbruch des Krieges zwischen der Ukraine und Russland haben die Medien der ukrainischen Gemeinschaft, die in verschiedenen Ländern lebt, besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Dieses Thema wurde von Sadokha genutzt, um seine rechtsextremen Proklamationen zu lancieren, aber auch, um über diesen Lautsprecher um Hilfe zu bitten, die bei den rechtsextremen und nazistischen Organisationen in seinem Land landet.

Bild: Darstellung einer geheimen Druckerei der Kommunistischen Partei Portugals von José Dias Coelho

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