Links und rechts und keine Mitte dazwischen

Lesezeit35 min

Entwurf einer politischen Gewässerkarte mit Marx-Desmet-Kanal

Der linksextremistische prekäre Kleinbürger Karl Marx meinte:

[D]ieselben Menschen, welche die sozialen Verhältnisse gemäß ihrer materiellen Produktionsweise gestalten, gestalten auch die Prinzipien, die Ideen, die Kategorien gemäß ihren gesellschaftlichen Verhältnissen. (Elend der Philosophie)

Wer möchte, deutet das »gemäß« kausal: Die Produktionsweise bewirkt, dass Menschen ihre sozialen Verhältnisse so und so gestalten, und die daraus entstehenden Gesellschaftsverhältnisse bewirken, dass Menschen so und so denken.1

Eine materialistisch weichere Lesart wäre: Die Entsprechung zwischen Produktionsweise, Sozialverhältnissen und Denken entsteht durch ihren gemeinsamen Ursprung in denselben zusammenwirkenden Menschen. Würden Menschen in ihren sozialen Verhältnissen und Ideen normalerweise ihre materielle Produktionsweise unterlaufen, wären sie zwei Wochen nach ihrem Rausschmiss aus dem Paradies ausgestorben. Würden Menschen in ihren sozialen Verhältnissen und Ideen funktionsunfähiger werdende Produktionsweisen nicht unterlaufen, wären sie – falls nicht ausgestorben – eine niedliche Marginalie der Natur geblieben.

Befindet sich eine materielle Produktionsweise in einer tieferen Krise, so dass die Reproduktion der sozialen Verhältnisse bröckelt, beginnen politische Landkarten, die sich auf Verhältnisse während der Phase der Funktionsfähigkeit der Produktionsweise beziehen, unpassender zu werden. In betroffenen Gesellschaften entfalten sich mit mehr oder weniger ineinanderlaufenden Grenzen drei Gedankenströme in nicht unbedingt gleicher Stärke:

a) Reparaturdenken in der Hoffnung, die bisherige Produktionsweise lasse sich mit undrastischen Veränderungen wieder zum Laufen bringen

b) Unterlaufen der bisherigen Produktionsweise in Richtung Entmachtung mindestens der bisher Mächtigsten

C) Unterlaufen der bisherigen Produktionsweise zwecks Erhalt der Macht der bisher Mächtigsten.

Am Ende des europäischen Mittelalters, um eine ganz alte Gewässerkarte zu skizzieren, trat Gedankenstrom C als wirtschafts- und wissenschaftsschädigende Inquisition in Erscheinung, die in der festen Überzeugung, Gutes zu tun, über christliche, jüdische und muslimische Teile der europäischen Bevölkerung herfiel. Im Großen und Ganzen siegte Gedankenstrom b in Gestalt der Bourgeoisie. Adel und Kirche wurden deutlich zurückgestuft oder entmachtet. In einigen Ländern wie etwa Russland konnte ziemlich lange Gedankenstrom a durchgehalten werden: die zaristische Herrschaft organisierte halbkapitalistische Industrialisierungszonen unter Beibehaltung einer feudalistischen Landwirtschaft als Hauptwirtschaftszweig.

Um die 1920er Jahre herum tauchte aus der Krise der Produktionsweise des Kapitalismus der Faschismus auf, den die Mächtigsten einiger Länder aufgriffen, so dass er dort als Gedankenstrom C zum Mainstream wurde. Störende Mechanismen der kapitalistischen Wirtschaft wurden beseitigt, ohne das Privateigentum an Produktionsmitteln aufzuheben, etwa »freie« Lohnarbeit durch Zwangsarbeit, wertgesetzliche Kapitalflüsse durch Planwirtschaft, Außenhandel durch Raubzüge teilersetzt.2 In anderen Ländern war die Krise nicht schlimm genug, um Tendenzen zum Unterlaufen der bisherigen Produktionsweise zu Gunsten der Mächtigsten, die immer bestehen, in einen C‑Strom zu bündeln. Dort wurden faschistische Bewegungen neben dem Kommunismus und anderen Bewegungen als Teil eines aufkommenden b‑Stroms bekämpft – was Mächtige nicht unbedingt davon abhielt, faschistische C‑Ströme andernorts zu fördern. Letztlich siegte im einen Teil der Welt Gedankenstrom a mit Kompromissen. Ergänzt um mehr oder weniger ausgeprägte sozialstaatliche und staatswirtschaftliche Komponenten, schwang sich der westliche Kapitalismus zu neuen Wohlstandshöhen auf. In Teilen der nicht-​westlichen Welt siegten anti-​koloniale b‑Ströme mit der Folge, dass das Industriekapital des Westens vernichtende Konkurrenz bekam.

Die in westlichen Ländern entstandenen Gedankenströme der Weltkriegszeit prägen das Verständnis der Gedankenströme, die aus der gegenwärtigen Krise der Produktionsweise des westlichen Kapitalismus hervorgehen. Beim Versuch, die Gedankenströme beider Großkrisen in dasselbe Links/​Mitte/​Rechts-​Schema zu packen, entsteht reichlich Kuddelmuddel –, der sich aber mit Hilfe des a/​b/​C‑Schemas recht gut aufräumen lässt.

Mainstream

Heutige C‑Schwimmende reagieren hypertestikulös, sobald ihr C‑Strom auch nur andeutungsweise mit faschistischen C‑Strömen der letzten Großkrise in Verbindung gebracht wird.

Sie halten ihren C‑Strom, der als Corona-​Regime hervortrat und auf einen supranationalen technokratischen Faschismus, die Neue Weltordnung, hinausläuft, für die politische Mitte. Dass der Mainstream aus der einstigen Mitte der bürgerlichen Scheindemokratie in die Diktatur läuft, fällt ihnen nicht auf, weil sie keinen vom Mainstream unabhängigen Bezugspunkt haben3 und ihnen als Nicht-​Widerständigen erstmal nichts passiert, das sie dem C‑Strom entfremden würde.4

Die Gedankenströme a und b bilden die Opposition des Corona-​Regimes. Sie liegen aus C‑Perspektive rechts von C. Um C in die Mitte zu bringen, muss der linke Rand von C als dessen linke Opposition erscheinen. So kleidet zum Beispiel die ZeroCovid-​Initiative polizeistaatlich durchzusetzende Produktionsverbote und Hausarreste, »Lockdowns« genannt, in ein rotes Gewand »von unten« gegen Kapitalinteressen durchzusetzender Solidarität.

Der Klinische Psychologe Mattias Desmet erklärt die Logik dieser Art Solidarität anhand einer »totalitären Massenformation«, die sich anlässlich der Corona‑P(l)andemie herausgebildet habe. In einer totalitären Massenformation, so Desmet, gilt die Solidarität nicht den Mitmenschen, sondern dem »Kollektiv«.5 Gilt die Solidarität einem Kollektiv, ist unsolidarisches Verhalten gegenüber Mitmenschen, die sich nicht in das Kollektiv integrieren wollen, Solidarität. Damit diese Art Solidarität als links durchgeht, spricht zum Beispiel die ZeroCovid-​Protagonistin Bini Adamczak dem Kollektiv eine Fähigkeit zur Freiheit zu: »Es gibt keine individuelle Freiheit ohne kollektive«.6

Dass C‑Schwimmende die Gedankenströme a und b als rechts und rechtsextrem einordnen, obschon dies einfachsten Beobachtungen zuwider läuft und Schwierigkeiten zur Folge hat, C als Mitte erscheinen zu lassen, erklärt sich außer aus dem Bedarf nach Abgrenzung von den C‑Strömen der letzten Großkrise aus einem Bedarf, Linke zur Rettung der Mächtigsten einzusetzen.

Um ihre linke Identifizierung aufrecht erhalten zu können, brauchen C‑Linke wie Linke im Allgemeinen das Gefühl, in Opposition zu den Mächtigsten zu stehen. Der Platz linker Opposition gegen C darf deshalb nicht durch eine nicht-​C-​linke Opposition besetzt werden.

Aus Sicht von C‑links (»wahre Linke«) hat keine wesentliche Änderung im mittigen Mainstream stattgefunden, jedoch eine gefährliche Rechtsentwicklung.

In Auseinandersetzungen zwischen Linken sprechen traditionell die einen Linken den jeweils anderen das Linkssein ab. Die Übernahme der Perspektive eines Teils der Linken und Einordnung von deren linken Gegnerinnen als rechts durch den Mainstream zeigt an, dass derjenige Teil der Linken, dessen Perspektive der Mainstream übernimmt, an den Mainstream angedockt hat.

Als Beiträge der C‑Linken zum C‑Strom fassen a- und b‑Schwimmende, deren linke Teile C‑Linke zumeist nicht als wirklich links betrachten, unter anderem auf:

  • die Verschmälerung des Mainstreams durch Aufblähung des Antisemitismusbegriffes und ausgehend vom Hass gegen Nazis die Dämonisierung einer wachsenden Bandbreite politischer Gegnerinnen
  • die Etablierung einer Umweltschutzideologie, die den Menschen als schädliche Spezies betrachtet7
  • positive Bezüge auf in die Privatsphäre hineinreichende Staatstentakel
  • Identitätspolitiken, das heißt die Verwandlung des Anliegens der Emanzipation aus Verhältnissen, »in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist« (Marx), in ein Anliegen derhegemonialen Anerkennung einer wachsenden Anzahl ethnisierter oder sexualisierter Kollektividentitäten.

Ex-​Mittige

Diejenigen aus der einstigen Mitte mit ihrem linken und rechten Flügel, die nicht (schnell genug) im Mainstream mitschwimmen, finden sich im Reparaturstrom a wieder. Zu Beginn des Corona-​Regimes waren viele von ihnen ziemlich erstaunt, nicht mehr die Mitte zu sein. Im deutschen Sprachraum vebreitete sich für den neuen Zustand die Bezeichnung »Querdenker«.

Um einen letzten Rest an Mitte-​Haltung zu wahren, ist oder war zunächst a‑Schwimmenden die Abgrenzung vom Extremismus des b‑Stroms wichtig. Unterminiert wird die Abgrenzung durch C‑Propaganda, die zwischen a und b kaum bis keine Unterschiede macht, sowie durch den zunehmenden Extremismus von C, der den von b relativiert.

Von C aus gesehen erscheinen der zunehmende Extremismus von C, ein Surrogat schwindender sozioökonomischer Bindungskräfte, als polizeilich zu bekämpfende Radikalisierung von a.

Aus Sicht vieler a- und b‑Mittiger und ‑Rechter bog der Mainstream nach links ab. Linke b‑Opposition wird dadurch zur Scheinopposition.

In a schwimmen, oberflächlich gesehen, wahrscheinlich die meisten Gegnerinnen der Neuen Weltordnung. Sie glauben, durch Reformen einen Kapitalismus (wieder-)herstellen zu können, der friedlich ist und allen Beteiligten Wohlstand bringt.

Damit die Produktionsweise reparierbar ist, darf sie nicht aus Gründen in die Krise geraten sein, die in ihrem Wesen liegen. Daher muss die Krise recht oberflächlich erklärt werden: durch Gier-​getriebene politische Weichenstellungen und Konspirationen.

Für a‑Schwimmende geht es sowohl dem b- als auch dem C‑Strom um eine Abschaffung des Kapitalismus, die sie nicht wünschen. Ausdruck hiervon ist die verbreitete Identifizierung der Neuen Weltordnung mit Sozialismus oder Kommunismus.

Damit verbundenen Quatsch hat Andrea Drescher in einem Kommentar zusammengefasst: Wir steuern direkt auf den Sozialismus zu? Selten so gelacht!

Vom Sein reflektierte8 Verbindungen der Neuen Weltordnung mit Sozialismus oder Kommunismus könnten Antikommunistinnen, die zwischen Gesellschaften mit und ohne Privateigentum an industriellen Produktionsmitteln keine großen Unterschiede machen möchten, zum Beispiel beim Führungspersonal der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik zu finden meinen:

[J]ede maschinelle Großindustrie – das heißt gerade […] das Fundament des Sozialismus – [erfordert] unbedingte und strengste Einheit des Willens […], der die gemeinsame Arbeit von […] Zehntausenden Menschen leitet. Sowohl technisch als auch ökonomisch und historisch leuchtet diese Notwendigkeit ein und ist von allen, die über den Sozialismus nachgedacht haben, stets als seine Voraussetzung anerkannt worden. Wie aber kann die strengste Einheit des Willens gesichert werden? Durch die Unterordnung des Willens von Tausenden unter den Willen eines einzelnen. Diese Unterordnung kann bei idealer Bewußtheit und Diszipliniertheit der an der gemeinsamen Arbeit Beteiligten mehr an die milde Leitung eines Dirigenten erinnern. Sie kann die scharfen Formen der Diktatorschaft annehmen, wenn keine ideale Diszipliniertheit und Bewußtheit vorhanden ist. Aber wie dem auch sein mag, die widerspruchslose Unterordnung unter einen einheitlichen Willen ist für den Erfolg der Prozesse der Arbeit, die nach dem Typus der maschinellen Großindustrie organisiert wird, unbedingt notwendig.9

[E]s müssen bestimmte Kadres lebendiger Menschen vorhanden sein, in denen diese neuen Kulturprinzipien Fuß fassen, sich akkumulieren, sich ansammeln, Fleisch und Blut werden. Stellt ja doch jeder Mensch bis zu einem gewissen Grade eine lebendige Maschine dar. […] Wir müssen jetzt neue Menschen schaffen. […] Zuerst die Spitze unserer Partei, Abschleifung derselben, dann wieder andere, darauf die übrigen, und so wird allmählich die ganze Masse durchgearbeitet.10

Echte Linke

Manche Linke im Gedankenstrom b gehen mit gesellschaftspolitischen Ansätzen, wie sie aus den vorhergehenden Zitaten sprechen, um, indem sie sagen: Das waren Bürgerkriegsgeschichten, und die Bezogenheit der Formulierungen auf den Sozialismus und den Menschen im Allgemeinen war bloße Rhetorik, die mit technokratischer Ideologie nichts zu tun hat. Andere Linke im b‑Strom und die gesamte Linke im a‑Strom distanzieren sich von derartigen Ansätzen – viele b‑Linke lieber nicht zu deutlich, um die Fundamentalopposition gegen C nicht durch inner-​linke Streitereien zu schwächen. b‑Linke, deren Kommunismusbegriff ohne Lenin und vielleicht zusätzlich Stalin nicht funktioniert, deuten diese Distanzierung als Antikommunismus, falls sie das, von dem sich distanziert wird, mit dem ineinssetzen, was sie für Kommunismus halten.11

Aus Sicht vieler a- und b‑Linker bog der Mainstream nach rechts ab. Rechte b‑Opposition wird dadurch zur Scheinopposition.

Wohl die meisten Linken im b‑Strom einigt die Ansicht, dass es sowohl dem a- als auch dem C‑Strom um eine Beibehaltung des Kapitalismus geht, die sie nicht wünschen.

Diese Sichtweise setzt einen Kapitalismusbegriff voraus, der den Kapitalismus der Weltmarktkonkurrenz und das ausufernde, durch koordinierte Zentralbankpolitiken und Militärmacht ermöglichte korporatistische Plünderungsregime des Neoliberalismus umfasst, das der C‑Strom in einen Zustand gesellschaftlicher Stabilität überführen möchte, etwa: Kapitalismus = alle post-​feudalistischen Formen der Ausbeutung der Mehrheit durch eine Minderheit.

Eine irgendwie geartete Ausbeutung der Mehrheit durch eine Minderheit ist für die Minderheit immer profitabel, so dass sie nicht an mangelnder Profitabilität scheitern kann, höchstens an Versuchen, so viel Profit herauszuschlagen, dass die Mehrheit zu sehr erzürnt wird.

Antikapitalismus vor dem Hintergrund eines Kapitalismus, der – sogar auch im Interesse der ausbeutenden Minderheit – durch Einschränkung der Durchsetzbarkeit allzu großer Gier auf politischen Wegen zu retten wäre, gründet im Idealismus. Er beruht darauf, den Kapitalismus aus moralischen Befindlichkeiten heraus nicht retten zu wollen, oder auf Schwierigkeiten, konsistent zu denken, oder auf einen Glauben an das politisch nicht in den Griff zu kriegende Böse oder allem zusammen oder auf nichts, das a‑Schwimmende vernünftigerweise überzeugend zu finden bräuchten. Vergeltungsweise pflegen b‑Linke ein besserwisserisches Verhältnis zu kapitalismusgläubigen a‑Schwimmenden.

b‑Linken, die es wirklich besser wissen und die gegenwärtige Krise der Produktionsweise aus der Produktionsweise erklären, steht etwa folgende Denkweise offen: a‑Schwimmende sind im Allgemeinen zu selbständigem Denken befähigt und freiheitlich gesinnt, sonst wären sie anlässlich der Einbiegung des Mainstreams in den C‑Strom nicht aus der Mitte gepurzelt. Sollten a‑Schwimmende Gelegenheit erhalten, ihren Glauben an einen Wohlstand bringenden friedlichen Kapitalismus auszuleben, werden sie erfahren, inwieweit das funktioniert. Zum Aufbau des Sozialismus genügt die Bereitschaft, die Frage der privatwirtschaftlichen oder sozialistischen oder kooperativen Gestaltung der Produktionsweise der verschiedenen Wirtschaftszweige, Güter und Dienstleistungen nach Kriterien der Funktionsfähigkeit und der praktischen Vor- und Nachteile anzugehen.

Aufgrund ihrer Erfahrungen, nicht durch Marx/Engels/Lenin/Trotzki…-Studien, finden wohl die meisten a‑Schwimmenden, wenn sie danach gefragt werden, dass Finanz‑ und Energiewirtschaft, mediale und physische Infrastrukturwirtschaft, Gesundheitsversorgung, Pharmaindustrie, Wissenschaft und anderes mehr gemeinwohlorientiert arbeiten sollten. Was sie für eine Reparatur des Kapitalismus halten, läuft auf einen Sozialismus mit privat organisierter Restwirtschaft hinaus. Viele ordnen ihre sozalistische Haltung als lediglich anti-​neoliberalistisch ein. Ihre Bäuche, Herzen und Füße haben ihre Köpfe überholt und sind eigentlich dem b‑Strom zuzuordnen, so dass C‑Propaganda, die zwischen a und b kaum bis keine Unterschiede macht, gar nicht so verkehrt liegt.

Eine sozialistische Umgestaltung der Groß- und Grundlagenindustrie liegt so sehr auf der Hand, dass diejenigen, die sie befürworten, nicht erst einer passenden Ideologie anhängen müssen, um sie zu befürworten. b‑Linke, die sich eine Ideologie angelesen haben, bemerken den Sozialismus der Ex-​Mittigen vielleicht nicht, da er ihnen mit unpassendem Vokabular entgegenspringt.

Weil eine sozialistische Umgestaltung der Groß- und Grundlagenindustrie so sehr auf der Hand liegt, dass die ursprüngliche Mitte gelegentlich der zu erwartenden Not ihr wie von selbst zulaufen würde, kann nur ein C‑Strom, eine Umbiegung des Mainstreams und Offensive der totalitären Massenformierung mit Neutralisierung der sozialistischen Tendenzen, die Macht der Mächtigsten noch schützen.

Rechte Nichtscheinopposition

Der b‑Strom ist ziemlich bunt. Viele b‑Schwimmende mit klarer Sicht und Realitätssinn halten sich für weder links noch rechts. Manche b‑Schwimmende bauen Kommunen jenseits der Matrix auf. Andere bleiben isoliert, verweigern aber trotzdem die Kollaboration mit C und bereiten sich in stillen Gebeten auf die Endzeit vor. Ich vereinfache den b‑Strom auf Linke und Rechte.

Aus Sicht von b‑Linken ist es mindestens so fiese, sie mit b‑Rechten in denselben Gedankenstrom zu packen, wie es fiese für antimonopolistische staatsfeindliche Kapitalismusgläubige in b ist, sie mit Nazis in denselben Gedankenstrom zu packen. Der a/​b/​C‑Schematismus taugt nicht für alles.

Sowohl b‑Linken als auch b‑Rechten geht es um eine Entmachtung der Mächtigsten. Moderate Änderungswünsche hierzu wären in der Gewässerkarte dem Strom a zuzuordnen, der unterflächlich gesehen eigentlich nur noch ein kleines Rinnsal ist. Anders als Linke und Rechte im a‑Strom rutschen b‑Schwimmende nicht erst durch die Einbiegung des Mainstreams in den C‑Strom aus der Mitte beziehungsweise den jeweiligen Mittenflügeln. Sie vertreten Positionen, die sowohl a- als auch C‑Schwimmende als extremistisch einordnen.

Versteht man die Einbiegung des Mainstreams in den C‑Strom als Wende nach rechts, wird das Vorkommen von Rechten in den Gedankenströmen a und b schwierig zu verstehen. Denn dann wären eigentlich viele Rechte im C‑Strom mitgenommen worden, anstatt eine Opposition gegen ihn zu bilden.

Zur Aufrechterhaltung gewohnter Einordnungsschemen, nach denen von Rechts nur eine Scheinopposition gegen die Mächtigsten ausgehen kann, gehen manche b‑Linke so weit, b‑Rechte für einen C‑Trick zu halten, um die Opposition zu diskreditieren.

Der Hauptgegensatz zwischen C und Rechten besteht in der supranationalen Orientierung von C und der nationalen Orientierung der Rechten. C geht es um eine Zerschlagung der Nationalstaaten und das Auffressen mittelständischen Kapitals, Rechten im a- und b‑Strom um deren Rettung. Aufgrund ihres Nationalismus’ sind Rechte im Unterschied zu internationalistisch/​globalistisch gesonnenen Linken für C schlecht zu gebrauchen – falls sie nicht gerade aus speziellen Gründen unter dem Anschein nationalistischer Zielsetzungen der C‑Agenda dienen dürfen, wie zur Zeit Rechte in der Ukraine zwecks Zerschlagung der Souveränität der Russischen Föderation.

Hier liegt auch ein wichtiger Unterschied zu faschistischen C‑Strömen der letzten Großkrise des Kapitalismus, die mit Teilen der Rechten im heutigen b‑Strom ansonsten viel gemeinsam haben. Damals waren Rechte mit ihrem Nationalismus und nationalen Klassenverschwisterungsansatz für die in einzelnen Nationen entstehenden C‑Ströme zu gebrauchen und Linke nur bei Vorliegen spezieller Gründe unter dem Anschein nicht-​nationalistischer Zielsetzungen. Zu solchen speziellen Gründen kam es nicht oder sie sind verwickelt und uneindeutig.12

Da der gegenwärtige C‑Strom nicht die politische Rechte, sondern die Linke ins (Fluss-)Bett holte, verstehen ihn viele a- und b‑Nichtlinke als Wende nach links.

Das gefällt a- und b‑Linken nicht, die kein Problem damit hätten, nach demselben Muster aus einer gespiegelten Anordnung: Rechte im Bett des C‑Stroms, auf eine Rechtswende des C‑Stroms zu schließen. »C‑Linke sind gar keine Linken!« beteuern sie. Vergeblich. Ein Anspruch, die wirkliche Linke zu sein, lässt sich in Selbstbildern und Kaffeekränzchen pflegen, hat aber keine an Nichtlinke vermittelbare kulturelle, politische oder sozioökonomische Grundlage. Die wirkliche Linke ist die gesellschaftlich wirkende Linke, und die schwimmt im C‑Strom, solange a- und b‑Linke keine gesellschaftliche Wirkung entfalten – sei es auch nur eine Wirkung darauf, was allgemein unter »links« verstanden wird.

Kämpfe um Begriffsverständnisse sind Teil gesellschaftlicher Kämpfe. Gesellschaftliche Kämpfe finden nicht zwischen politischen Weltanschauungen statt, sondern zwischen Sozialformationen, deren Selbst- und Fremdzuordnungen zu mehr oder weniger mit sich selbst zusammenpassenden Weltanschauungen konsistent oder inkonsistent anhand diverser, veränderlicher Kriteriensets stattfinden oder nicht stattfinden.13

Nationalismen

Hinter a‑Schwimmenden und b‑Nichtlinken stehen Kapitalfraktionen, denen »Links/Rechts«-Begrifflichkeiten weniger wichtig sind als die Abwehr transnationalen und ausländischen Kapitals. Der defensive Charakter dieser Interessenslage näherte insbesondere den in der deutschen und US-​amerikanischen Rechten vorherrschenden Nationalismus dem in neokolonial ausgebeuteten Ländern an: Proletariat und nationale Bourgeoisie gemeinsam für die nationale Souveränität gegen einen äußeren Feind, den die eigenen Regierungen repräsentieren.

Dieser anti-​imperialistische Nationalismus spielte zunächst auch im Deutschland nach dem Versailler Vertrag eine wichtige Rolle, bevor er im faschistischen C‑Strom einen Schub zur imperialistischen Offensive erhielt.

Vom anti-​imperialistischen und imperialistischen Nationalismus wäre der nicht-​nationalistische Imperialismus des C‑Stroms zu unterscheiden, auch wenn die ihn treibenden Kapitalfraktionen die Militär- und Wirtschaftsmacht von Nationalstaaten nutzen, deren Regierungen in diesem Fall keine Repräsentantinnen eines national aufgefassten Gesamtkapitals mehr sein können.

Der westliche Kapitalismus zerfällt nicht entlang nationaler Linien wie noch weitgehend – mit Andeutungen auf heutige Verhältnisse – in der letzten Großkrise, sondern entlang von Linien, die quer durch ein national aufgefasstes Gesamtkapital verlaufen. Diese Veränderung hängt mit einer geänderten Struktur des Kapitals zusammen, die nach der letzten Großkrise entstand. Praktisch drückt sie sich u.a. in der mittelstandsfeindlichen P(l)andemie- und Energiepolitik der EU- und Biden-​Administrationen aus. Ideell drückt sie sich darin aus, dass sich im Westen früher nationale C‑Ströme mit nationalen Eigenarten bildeten, während es heute im Westen einen übergreifenden Gesamt-​C-​Strom gibt.

In gegenwärtig imperialistisch noch halbwegs erfolgreichen Nationen beziehungsweise Nationsbündnissen ist der Nationalismus der meisten a- und b‑Schwimmenden anti-​imperialistisch geprägt, obschon dort noch die Unterbezahlung importierter Arbeitsleistungen die engen Wohnungen des ärmeren Teils der Bevölkerungen in Lagerstätten der Weltproduktion verwandelt, in denen man ohne computergestütztes Bestandsmanagement nichts wiederfindet.

a- und b‑Nichtlinke, aber auch viele a- und b‑Linke, sehen sich trotz imperialistischer Wohltaten als Opfer des chinesischen Imperialismus (a/​b‑Strom in den USA, Deutschland …), zusätzlich oder vor allem des US-​Imperialismus (a/​b‑Strom in Deutschland, Frankreich …), zusätzlich des deutschen Imperialismus (a/​b‑Strom in Frankreich, Italien …).

Der Glaube an einen Kapitalismus, der ohne Imperialismus gesamtgesellschaftlichen Wohlstand bringen kann, hindert vom Imperialismus Begünstigte daran, die Vorteile des Imperialismus zu würdigen. Angehörige imperialistisch erfolgreicher Nationen meinen, ohne materielle Verluste und zugleich unter Beibehaltung beziehungsweise Restauration der kapitalistischen Produktionsweise auf den Imperialismus verzichten zu können. Die eigentliche Ursache der Großkrise des westlichen Kapitalismus ist für sie unsichtbar: der relative Rückgang unbezahlt angeeigneter Arbeitsleistungen aus dem Rest der Welt. Wirtschaftlich ausgleichen lässt sich dieser nur durch einen wachsenden Anteil gemeinwirtschaftlicher Produktionen, soll die kapitalistische Restwirtschaft funktionieren beziehungsweise das Großkapital nicht in Privatisierungswellen und via Staatsschuldeintreibungen unnachhaltig über alles herfallen, dessen es habhaft werden kann, um dann zum maßlosen Gelddrucken überzugehen.14

a- und b‑Linke nähern sich dem anti-​imperialistischen Nationalismus an, indem sie zum Beispiel positiv an einen »Heimat«-Begriff anknüpfen, ohne dessen nationalistische Ideologisierung zu stören, oder indem sie die Einwanderung und den damit verbundenen Druck auf die Einkommen des ärmeren Teils der Bevölkerung problematisieren, ohne diesen Effekt und die Existenz von Nationalstaaten mit dem Kapitalismus in Verbindung zu bringen und ohne die Beschneidung der Freizügigkeit von Menschen zu kritisieren, die das Pech haben, arm zu sein und in Massen auftreten zu müssen. Damit sich der Zustrom von Menschen, die die Kraft haben, unter schwierigen Bedingungen um den halben Globus zu reisen, in Industriegesellschaften mit betagtem Proletariat für dessen ärmeren Teil materiell schädlich auswirken kann, sind einige Bedingungen zu erfüllen, deren Nichthinterfragung zum Kapitalismusglauben gehört.

Im Vergleich zu den Kapitalfraktionen, die den C‑Strom treiben, sind die an nationaler Souveränität interessierten Kapitalfraktionen der a- und b‑Ströme schwach. Aber ihre Stärke wie auch ihre Interessen gegenüber anderen Nationen und Kapitalfraktionen schwanken in den einzelnen Nationen beträchtlich. Um die Gefahren, die vom a- und b‑Nationalismus in den einzelnen Nationen relativ zu den Gefahren, die von C ausgehen, realistisch einschätzen und linke Aktivitäten entsprechend orientieren zu können, wären empirische Untersuchungen nötig, die zu machen oder zur Kenntnis zu nehmen die wenigsten Linken Lust haben.

Querfront

Von Gedankenstrom C aus gesehen ist es fast unmöglich, Gedankenstrom b nicht als Querfront zwischen Rechten und Pseudolinken zu deuten, solange C der Mainstream ist.15 Aus C heraus an b‑Linke gerichtete Forderungen, sich von b‑Rechten zu distanzieren, laufen entweder auf Lippenbekenntnisse hinaus, die sich dadurch unglaubwürdig machen, dass sie offensichtlich nötig sind, oder auf einen Verzicht, gegen den Strom der Macht zu schwimmen, weil Rechte in dieselbe Richtung schwimmen. Eine Front innerhalb des b‑Stroms, die von C aus sichtbar wäre, kann erst entstehen, wenn der Mainstream bröckelt und der Widerstand gegen C aus der Defensive kommt, so dass sich Umgestaltungswünsche abzuzeichnen beginnen.

Der Querfront-​Vorwurf des C‑Stroms ist nicht aus dem Nichtsein geploppt. Positionen von Linken und Rechten überlappen einander in der nationalen Frage, in der Wahl des Finanzkapitals und des US-​Imperialismus als Hauptfeinde, in der Frage der Einwanderung, in der Unterscheidung von »raffendem« und »schaffendem« Kapital und in den Krisenerklärungen.

Zusätzlich fällt es insbesondere bezogen auf Deutschland leicht, das politische Gemengelage des heutigen b‑Stroms mit dem Republik-​feindlichen Rechts/​Links-​Gemengelage der unmittelbaren Vor-​Nazizeit gleichzusetzen. Bei herkömmlichen Geschichtskenntnissen macht der heutige b‑Strom C- und a‑Schwimmenden verständlicherweise Angst.

Dem Gemengelage der Vor-​Nazizeit sagt die offizielle Geschichtsschreibung nach, es hätte die Weimarer Republik zerstört – als wäre es vermeidbar gewesen. Vermeidbar war die politische Unruhe vor dem Hintergrund der sozioökonomischen Unfähigkeit zur Reproduktion der sozialen Verhältnisse nur mit diktatorischen Mitteln. Damals wie heute ging deren Anwendung auf dem Verordnungsweg von der Mitte aus. Damals wie heute bog die Mitte in den C‑Strom ein und nahm dazu auf, was zuvor jenseits eines ihrer Ränder lag – und zwar zu der politischen Seite hin, die – ggf. nach einigen Bereinigungen16 – dem Erhalt der Macht der Mächtigsten am besten dient. Diese Seite ist heute die linke, nicht wie früher die rechte.

Der gemeinsame Nenner, der früher rechte Weltanschauungen zur Bildung eines C‑Stroms geeignet machte und heute linke, besteht in ihrer Brauchbarkeit zur totalitären Massenformierung.

Aus totalitären Massenformationen kann keine Emanzipation der Menschen aus Verhältnissen herausspringen, »in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist«. Das fand schon Marx, in dessen Nachlass eine Entsprechung zu Desmets »Kollektiv« als im Staat verkörpertes »abstraktes Ganzes« vorkommt:

Die politische Seele einer Revolution besteht […] in der Tendenz der politisch einflußlosen Klassen, ihre Isolierung vom Staatswesen und von der Herrschaft aufzuheben. Ihr Standpunkt ist der des Staats, eines abstrakten Ganzen, das nur durch die Trennung vom wirklichen Leben besteht, das undenkbar ist ohne den organisierten Gegensatz zwischen der allgemeinen Idee und der individuellen Existenz des Menschen. Eine Revolution von politischer Seele organisiert daher auch, der beschränkten und zwiespältigen Natur dieser Seele gemäß, einen herrschenden Kreis in der Gesellschaft, auf Kosten der Gesellschaft. (Kritische Randglossen, S. 408)

Linkes Versagen

Für viele b‑Linke bedeutete es eine große Enttäuschung, ihre Genossinnen anlässlich der Corona‑P(l)andemie in den Gedankenstrom C eintauchen zu sehen. Mindestens zwei Artikel der MagMa beschäftigen sich mit diesem Thema: »Linke und Corona: Wie konnte das passieren?« von Wilfried Schwetz und »Warum hat die Linke in der Coronakrise versagt?« von Jan Müller.

Aus den beiden Artikeln und den Kommentaren zu ihnen lassen sich zwei Haltungen zur C‑Kompatibilität linken Denkens entnehmen:

  • Linkes Denken hat sich, soweit es nicht ganz dahingeschieden ist, derart geändert, dass es nicht mehr links ist, sondern zum Beispiel »linksneoliberal« (Müller).
  • Linkes Denken sollte sich derart ändern, dass es mit C unverträglich wird, zum Beispiel sollte es den »dem marxistischen Erbe[] innewohnenden Materialismus« überwinden und Geist und Seele ernster nehmen (Schwetz).

Verständlicherweise möchten a- und b‑Linke am liebsten diejenigen linken Strömungen im C‑Strom finden, denen sie sich jeweils nicht zuordnen. In Diskussionen um das Versagen der C‑Linken kehren entsprechend alte Animositäten und Gegensätze zwischen linken Strömungen wieder. Deren Virulenz und zugleich ein Bemühen, sie durch einen hohen Abstraktionsgrad organisatorisch möglichst ungefährlich zu halten, zeigt sich zum Beispiel am Ausbruch einer philosophischen Materialismus-​Diskussion anlässlich der beiden genannten MagMa-Artikel.17

Im C‑Strom machen Linke aus diversen Traditionen mit, außer aus Marxistisch-​Leninistischen auch deren ausgesprochene Gegnerinnen wie etwa Linke aus Traditionen der »Technologie- und Wachstumskritik« (Schwetz). Um aus dem Versagen der C‑Linken lernen zu können, wäre es u.a. nützlich, folgender Frage nachzugehen: Sind den C‑Linken spezifisch linke Aspekte gemeinsam, die sie von a‑und b‑Linken trennen, oder sind ihnen nur solche Aspekte gemeinsam, die allgemein die a- und b‑Ströme von C trennen?18

Einer der Gründe des Versagens der Linken könnte in ihren Erfolgen liegen. Speziell der linke Kulturkampf der 1968er ist zum Teil dermaßen erfolgreich gewesen, dass in den letzten 50 Jahren zuvor linkes Denken zu mittigem wurde und mittiges zu rechtem.

Linkes Denken im Sinne der Emanzipation des Menschen aus unterdrückerischen Verhältnissen wird autoritär, indem es sich durchsetzt, ohne dass die unterdrückerischen Verhältnisse aufgehoben werden. Dazu zwei Beispiele:

  • Gesundheitsschutzvorschriften in der Arbeitswelt wirken emanzipativ. Aber der Gesundheitsschutz nimmt autoritäre Formen an. So ist die Möglichkeit, im Krankheitsfall von der Arbeit fern zu bleiben und trotzdem Lohn zu bekommen, mit einer Erziehung zur Unterwerfung unter Expertinnenansagen verbunden, die in Konsequenz ihrer normativ-​wissenschaftlichen Herangehensweise Individuen auf fettbeschichtete Androiden reduzieren.
  • Den Einfluss geschlechtlich nicht neutraler Sprache auf die Denk- und Handlungsmöglichkeiten von Menschen zu untersuchen und entsprechend der Ergebnisse dafür einzutreten, dass eine geschlechtlich neutrale Sprache gepflegt wird, wirkt emanzipativ. Nachdem eine geschlechtlich neutrale Sprache durchgesetzt wurde, wird aus ihrer Verwendung eine Pflicht. Menschen Pflichten aufzuerlegen, wie sie sich auszudrücken haben, ist autoritär.

Nach bisherigen Erfahrungen kehren sich Verbesserungen von Bedingungen, denen Menschen unterworfen sind, die zunächst individuelle Handlungsmöglichkeiten erweitern, irgendwann oder sofort gegen die Erweiterung der individuellen Handlungsmöglichkeiten. Solidarität wird Unterordnung, Wissenschaft wird Religion, Freiheit wird Konformismus.

Dieses Dilemma lässt sich nur durch Beseitigung des Unterworfenseins unter die jeweiligen Bedingungen aufheben. In der Deutschen Ideologie von Marx und Engels wird das Dilemma auf die materielle Produktionsweise zurückgeführt:

[I]m Lauf der historischen Entwicklung und gerade durch die innerhalb der Teilung der Arbeit unvermeidliche Verselbständigung der gesellschaftlichen Verhältnisse tritt ein Unterschied heraus zwischen dem Leben jedes Individuums, soweit es persönlich ist und insofern es unter irgendeinen Zweig der Arbeit und die dazugehörigen Bedingungen subsumiert ist.

Mit Entstehung des Kapitalismus tritt

der Unterschied des persönlichen Individuums gegen das Klassenindividuum, die Zufälligkeit der Lebensbedingungen für das Individuum […] ein. […] Die Konkurrenz und der Kampf der Individuen untereinander erzeugt und entwickelt erst diese Zufälligkeit als solche. In der Vorstellung sind daher die Individuen unter der Bourgeoisieherrschaft freier als früher, weil ihnen ihre Lebensbedingungen zufällig sind, in der Wirklichkeit sind sie natürlich unfreier, weil mehr unter sachliche Gewalt subsumiert.

Folgerung für revolutionäre Veränderungen:

Es geht aus der ganzen bisherigen Entwicklung hervor, daß das gemeinschaftliche Verhältnis, in das die Individuen einer Klasse traten und das durch ihre gemeinschaftlichen Interessen gegenüber einem Dritten bedingt war, stets eine Gemeinschaft war, der diese Individuen nur als Durchschnittsindividuen angehörten, nur soweit sie in den Existenzbedingungen ihrer Klasse lebten, ein Verhältnis, an dem sie nicht als Individuen, sondern als Klassenmitglieder teilhatten. Bei der Gemeinschaft der revolutionären Proletarier dagegen, die ihre und aller Gesellschaftsmitglieder Existenzbedingungen unter ihre Kontrolle nehmen, ist es gerade umgekehrt; an ihr nehmen die Individuen als Individuen Anteil.

Eine soziale Revolution [im Unterschied zur politischen] befindet sich deswegen auf dem Standpunkt des Ganzen, weil sie – fände sie auch nur in einem Fabrikdistrikt statt – weil sie eine Protestation des Menschen gegen das entmenschte Leben ist, weil sie vom Standpunkt des einzelnen wirklichen Individuums ausgeht, weil das Gemeinwesen, gegen dessen Trennung von sich das Individuum reagiert, das wahre Gemeinwesen des Menschen ist, das menschliche Wesen.19

Eine »Protestation des Menschen gegen das entmenschte Leben« mit einem »Wir« des »wahren Gemeinwesens« brachte der a‑schwimmende Ex-​Polizist Karl Hilz auf einer Demo gegen das Covid-​Regime vor:

Es steht keinem Politiker und keinem Beamten zu, uns von unseren Angehörigen zu trennen und zu sagen, wir dürften sie nicht besuchen, oder wir dürften sie nicht trösten, oder wir dürften sie nicht in den Arm nehmen. Das ist unmenschlich!20

Betrachten Menschen einander im Alltag als Virenschleudern, entsteht eine Horrorgesellschaft. Eine Entzweiung der Menschen in dieser Tiefe ist nötig, damit es in der gegenwärtigen Krise der Produktionsweise des westlichen Kapitalismus nicht zur Bildung eines wahren Gemeinwesens der Individuen (im Unterschied zu Gemeinschaft stiftenden übergeordnen Instanzen wie »Kollektiv«, Staat, Nation) kommt, das bei nächster Gelegenheit materieller Not Türen für Veränderungen öffnen würde, in denen die bisher Mächtigsten und ihr Politpersonal keine Rolle mehr spielen.

Die herrschenden Erziehungs‑, Gesundheits- und Propagandasysteme, Körperfigurnormen und Identitätspolitiken sind darauf ausgerichtet zu verhindern, dass die Produktionsverhältnisse die Menschen zur Individuierung und damit zur Bildung eines wahren Gemeinwesens veranlassen. In Zeiten der Existenzunsicherheit integrieren sich Menschen, deren Individuierung auf halber Strecke verreckt, in totalitäre Massenformationen, um ihre durch den Verlust sozioökonomischer Bindungskräfte existenziell bedrohlicher werdende Vereinsamung und Angst zu bewältigen. Uniformierungen und Masken sind dazu passende Symbole und Übungen.

Bemühungen und Tendenzen zur Verhinderung der Individuierung haben sich dermaßen intensiviert und technologisch materialisiert, dass ohne »Protestation des Menschen gegen das entmenschte Leben« die Möglichkeit einer aus Individuen bestehenden »Gemeinschaft der revolutionären Proletarier«, in hochindustrialisierten Gesellschaften über 80 Prozent der Bevölkerung, verloren zu gehen droht.21

Was tun?

In der Individuierung liegt der revolutionäre Keim der Gegenwart. Nicht vor allem Linke begärtnern ihn. Hoffentlich nicht allzu viele b‑Linke gießen in der Erwartung, daraus könnte etwas hervorsprießen, den Beton drumherum. Mit einer politischen, nicht einer sozialen, Revolution vor Augen erklären sie den Individualismus im a‑Strom zu einem bekämpfenswerten Ausfluss von Kleinbürgerlichkeit und möchten nach altem Muster eine dem C‑Strom entgegengesetzte Massenformation organisieren.

Währenddessen geht die »Protestation des Menschen gegen das entmenschte Leben« spazieren. Der Spaziergang ist eine Art des gemeinsamen Gehens, bei der das gemeinsame Gehen mit zum Ziel gehört. Zur Protestform machten ihn Demonstrationsverbote. Genehmigte Proteste werden in der Regel als Märsche formiert: eine kleine oder große Masse mit klarer Grenze, wer dazu und wer nicht dazu gehört, richtet sich auf ein Ziel aus. Die Verwaltung der Grenze dieser Masse übernimmt die Polizei. Unformierte Protestaktionen sind polizeilich schlecht beherrschbar. Was polizeilich nicht beherrschbar ist, wird nicht genehmigt.

Eine oppositionelle Massenformation kommt der Herrschaft nur dann nicht entgegen, wenn sie eine gewisse Größe überschreitet. Bis es soweit ist, hält sie dem Staat einen gut handhabbaren Massenkörper hin. Zerschlägt der Staat den Massenkörper, bleibt dem verbleibenden Widerstand kaum anderes übrig als sich in autonomen Gruppen zu organisieren.

Darauf zu hoffen, dass es einem gegenwärtigen Staatsapparat der westlichen Welt nicht gelingen würde, die Bildung einer oppositionellen Massenformation zu verhindern oder in nicht-​oppositionelle Richtungen zu biegen, wäre unrealistisch. Teile des exekutiven Staatsapparates müssten dazu die Seite wechseln, noch während die oppositionelle Massenformation in der Bildung begriffen ist. Polizei und Militär als Zünglein an der Waage oppositionellen Gelingens ist wohl nicht gerade etwas, auf das b‑Linke gerne bauen.

Gegenwärtig sind die a- und b‑Ströme in größeren und kleineren autonomen Gruppen organisiert, die sich an Wohnorten und in Betrieben oder aufgrund spezieller Vorhaben oder Anliegen – Schutz von Kindern, juristischer Kampf, medizinische Aufklärung, Bekämpfung des einrichtungsbezogenen Spritzzwangs, Medienarbeit, Kämpfe gegen Preissteigerungen und Waffenlieferungen etc. – auf nationalen und internationalen Ebenen zusammenfinden. Diese Organisationsform ist praktisch angemessen, weil sie den Staatsapparaten die Zerschlagung des Widerstands schwer macht. Sie ist inhaltlich angemessen hinsichtlich des mit Massenformationen erreichbaren autoritären Endergebnisses und des Wesens des Widerstands als Weigerung oder Unfähigkeit, sich zum Teil der C‑Massenformation machen zu lassen.

Dazu passend haben sich im a- und b‑Strom bisher aufgebaute zentralere Stellen als nützlich erwiesen, wenn sie die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen autonomen Gruppen sowie die Bildung von Gruppen aus versprengten Einzelnen fördern. Nutzloser machen sie sich, wenn sie deren politische Ausrichtungen anzugleichen, anstatt nur widerzuspiegeln oder auch – was aktuell ziemlich nützlich wäre – die Gemeinsamkeiten der politischen und vor allem auch mentalen Ausrichtungen freizulegen versuchen.

Zu Angleichungen politischer Ausrichtungen führt das Leben selbst beziehungsweise der Tod, den zum Beispiel eine profitgetriebene Pharmaindustrie mit sich bringt. Für mRNA-​Gespritzte, für die Opfer der Lockdowns und im Fall eines Weltkriegs kommt dieses Erfahrungslernen zu spät. Doch sieht wenig danach aus, dass Lernen und Handeln irgendwie vorverlegt werden könnten. Außer genau das zu versuchen, bleibt kaum anderes übrig als auf eine günstige Reihenfolge der eintreffenden Erfahrungen zu hoffen, so dass deren Lerneffekte noch größere Schäden und Leiden verhindern könnten.

Lernen und Handeln lassen sich nicht durch Vorsgaen oder Vorgabe politischer Ziele vorverlegen. Letztere sind eine Konsequenz oder zusammenfassende Formulierung dessen, was wir lernen und tun.

Zwischen autonomen Gruppen, deren politische Ausrichtungen zusammenpassen, bilden sich stärkere Verbindungen aus als zwischen autonomen Gruppen, deren politische Ausrichtungen nicht zusammenpassen. Es ist nicht umgekehrt: erst stärkt eine autonome Gruppe Verbindungen zwischen autonomen Gruppen und dadurch können die politischen Ausrichtungen einander angeglichen werden. Ohne Soros’sche (oder früher auch realsozialistische) Geldklammer oder Monopolisierung der Informations- und Kommunikationskanäle des Widerstands oder schlimmere Methoden entstehen aus zentralen politischen Angleichungsversuchen immer organisatorische Spaltungen. Je nach den Umständen stärken oder schwächen diese den Gesamtwiderstand gegen C. In allem, was getan wird, sollte das die Hauptfrage sein: Stärkt oder schwächt es den Gesamtwiderstand gegen C?

Revolutionär wird der Gesamtwiderstand gegen C nicht dadurch, dass die Beteiligten die richtige Weltanschauung annehmen oder sich auf konkrete gemeinsame politische Ziele festlegen, sondern dadurch, dass weder im Rahmen der bisherigen vor-​neoliberalistischen und neoliberalistischen Gesellschaftsverhältnisse noch im Rahmen der Gesellschaftsverhältnisse, die C zu bieten hat, die Möglichkeit besteht, einem ausreichend großen Teil der Menschen ein einigermaßen menschliches Leben zu gestatten. »Ausreichend« heißt: der Teil der Menschen im In- und Ausland, zu dessen Lasten dies eventuell geschieht, kann sich nicht erfolgreich dagegen wehren oder den Lasten entziehen.

Im Prinzip funktioniert der westliche Kapitalismus deshalb nicht mehr, weil Menschen im Globalen Süden zu sehr den Lasten des westlichen Wohlstandskapitalismus entzogen wurden und aus dem verbleibenden Lastenträgerinnenrest zu wenig herauszuholen ist, um im Westen die industrielle Kapitalakkumulation mehr als nur in Ausnahmefällen profitabel zu halten. Daher der Übergang zur nicht-​industriellen Geldkapitalakkumulaton im Neoliberalismus, die bei schrumpfendem relativen Umfang imperialistisch angeeigneter Arbeitsleistungen darauf hinauslaufen muss, dass das akkumulierte Geld immer mehr nur noch als Geld wirkt, als Vermögen, das in Marktmanipulationen, Spekulationen und Korruptionen besser angelegt ist als in Produktionsmitteln.

Für alle am Widerstand gegen C Beteiligten haben die Erfahrungen mit dem Corona-​Regime klar gemacht, dass ihnen die Gesellschaftsverhältnisse, die C zu bieten hat, kein einigermaßen menschliches Leben gestatten. Wäre es anders, würden sie keinen Widerstand leisten. Aber dass die gegenwärtige Krise das Resultat des Kapitalismus ist und nicht das Resultat einer neoliberalistischen Abweichung vom Kapitalismus, ist bloß eine Theorie. Ohne allgemeine Bereitschaft, das große Industrie- und Geldkapital zu enteignen, bleibt im Erfolgsfall des Widerstands gegen C nichts anderes übrig als praktisch auszuprobieren, ob im Westen ein nicht-​neoliberalistischer Kapitalismus trotz sinkender imperialistischer Wertzuflüsse einem ausreichend großen Teil der Menschen ein einigermaßen menschliches Leben gestatten kann oder nicht. Abhängig vom Ergebnis wäre der gegenwärtige Widerstand gegen C als Beginn einer Revolution oder als Reformbewegung einzuordnen.

Anmerkungen

1 In der Nähe des Zitats steht: »Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten.« In einem Brief antwortet Marx auf die Frage, ob es den Menschen freistehe, diese oder jene Gesellschaftsform zu wählen: »Keineswegs. Setzen Sie einen bestimmten Entwicklungsstand der Produktivkräfte der Menschen voraus, und Sie erhalten eine bestimmte Form des Verkehrs (commerce) und der Konsumtion. Setzen Sie bestimmte Stufen der Entwicklung der Produktion, des Verkehrs und der Konsumtion voraus, und Sie erhalten eine entsprechende soziale Ordnung, eine entsprechende Organisation der Familie, der Stände oder der Klassen […]« (Marx an P.W. Annenkow 28.12.1846 in MEW 4, S. 547). Werden »Produktivkräfte« im Sinn von »Technik/​Technologie« verstanden, ergibt sich daraus ein ziemlich eingleisiges Bild gesellschaftlicher Bedingtheiten. Um dieselbe Zeit herum, 1846/​47, schreibt Marx aber: »Von allen Produktionsinstrumenten ist die größte Produktivkraft die revolutionäre Klasse selbst.« (Das Elend der Philosophie). An anderer Stelle heißt es: »Religion, Familie, Staat, Recht, Moral, Wissenschaft, Kunst etc. sind nur besondre Weisen der Produktion« (Ökonomisch-​philosophische Manuskripte). Um die Verbindung Handmühle → Feudalherren und Dampfmühle → Kapitalisten für mehr als eine rhetorische Überzeichnung zu halten, wäre zu glauben: (a) europäische Geschichte = Menschheitsgeschichte und (b) ein anderer Geschichtsverlauf wäre unmöglich gewesen.

2 In Deutschland wurde Privateigentum nicht nur beibehalten, sondern eine umfangreiche Reprivatisierung durchgezogen (Germà Bel: Against the mainstream: Nazi privatization in 1930s Germany. Universitat de Barcelona 2010). – Eine wichtige Rolle zur Aufrechterhaltung der deutschen Zahlungsfähigkeit im Außenhandel spielte der Raub des tschechischen Staatsschatzes 1939 mit Hilfe der Bank von England (David Blaazer: Finance and the End of Appeasement: The Bank of England, the National Government and the Czech Gold. Journal of Contemporary History Vol. 40, No. 1, Jan., 2005, pp. 25 – 39 – Kostenlose Registrierung bei JSTOR lohnt sich bei Englischkenntnissen: viele kostenlose ordentliche Detailstudien).

3 Nicht im politischen Mainstream Schwimmende versuchen, diese bezugspunktlose Situation der Mainstream-​Schwimmenden mit dem Gleichnis vom Frosch im Kochtopf nachzuempfinden. Man könnte auch sagen, dass die meisten C‑Schwimmenden keinen vom Mainstream unabhängigen Kompass haben, an dem sie Richtungswechsel erkennen könnten. Vom Mainstream unabhängige Kompasse können u.a. liefern: Geschichtskenntnisse, ethische Prinzipien, Ideologien, Religionen, auch naturwissenschaftliches Fachwissen, wenn der Mainstream dagegen anschwimmt.

4 Viele an respiratorischen Infektionen erkrankte mRNA-​Gespritzte glauben, dass sie ohne Spritze noch kränker geworden wären. Ähnlich bei den die Fallsterblichkeit erhöhenden Gesichtsmasken.

5 Mattias Desmet im Corbett Report, Juni 2022. Desmets Erklärungen mit deutscher Übersetzung in einem Interview mit Nadim Helow: allesaufdentisch​.tv.

6 Twitter @bini_adamczak 30.11.2021. Zit.n. Sebastian Bähr: Kampagne fordert: »Beendet das Sterben!«, nd 30.11.2021

7 Marx hält dagegen: »Der Mensch lebt von der Natur, heißt: Die Natur ist sein Leib, mit dem er in beständigem Prozeß bleiben muß, um nicht zu sterben. Daß das physische und geistige Leben des Menschen mit der Natur zusammenhängt, hat keinen andren Sinn, als daß die Natur mit sich selbst zusammenhängt, denn der Mensch ist ein Teil der Natur.« (Ökonomisch-​philosophische Manuskripte)

9 Lenin: Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht (1918), Hervorhebung im Original

11 b‑Linke, deren Kommunismusbegriff ohne Lenin und vielleicht zusätzlich Stalin nicht funktioniert, die diese Ineinssetzung nicht vornehmen, unterscheiden zwischen sich distanzierenden Kommunistinnen und sich distanzierenden Antikommunistinnen und sagen vielleicht: Ja, davon distanzieren wir uns auch, aber es hat so nicht tatsächlich stattgefunden oder die personellen Zuschreibungen sind sachlich falsch. Damit ersetzen sie ideologische Gegensätze zwischen Kommunistinnen durch Debatten über historische Fakten und Zusammenhänge und über Textinterpretationen, mit entsprechenden Nachweispflichten. Unter Umständen werden dadurch Gegensätze hinsichtlich der angestrebten Gesellschaftsordnung freigeschaufelt. Auf beiden Seiten gäbe es einiges für die Gegenwart Nützliches zu lernen.

12 Diskussionen hierzu drehen sich unter anderem um Wirkungen der Komintern und der sowjetischen Außenpolitik auf Kommunistische Parteien (zum Beispiel Molotov, Roy, Lovestone) und um Übereinstimmungen der Weimarer KPD mit der NSDAP (zum Beispiel Kistenmacher, Hanloser, Koth). Bei der Beurteilung letzterer Sache wäre u.a. zu berücksichtigen, wann ungefähr und nach welchen Beseitigungen unbrauchbarer Subströme der rechte Rand zur Bildung des C‑Stroms in Deutschland vereinnahmt wurde.

13 So landeten Lenin und anders denkende Kommunistinnen kraft sozioökonomischer, gesellschaftlicher … Umstände, nicht kraft übereinstimmender Marx-​Interpretationen, im selben »Marxismus«-Topf, während zum Beispiel der Nationalbolschewismus draußen blieb. Zur Einordnung siehe auch Cajo Brendel: Lenin als Stratege der bürgerlichen Revolution (1998).

14 Der Ökonom Michael Hudson beobachtet den Wechsel vom Industriekapitalismus in den Neoliberalismus im Westen, und stellt diesem Wechsel die kapitalistisch/​sozialistischen Mischwirtschaften Chinas und Russlands gegenüber. Siehe zum Beispiel Interview vom 1.6.2022: Ukraine a Trojan for Germany’s US dependence. Den zugrunde liegenden Mechanismus erklärte Rosa Luxemburg. Siehe dazu Maike Neunert: Rosa Luxemburgs »Die Akkumulation des Kapitals«: bitte neu überdenken. Aus Imperialismuserklärungen als Streben nach Extraprofiten folgt grundsätzlich eine politische Reparaturmöglichkeit des Kapitalismus, weil dem Kapitalismus zum Funktionieren Profite genügen.

15 Bei der Einordnung von Linken in C liegen andererseits Assoziationen zu bolschewistischen Sozialfaschismustheorien nicht fern. Waren die alle nur falsch?

16 Damals vom Strasser-​Flügel; heute zum Beispiel von Corona-​gläubigen Putinversteherinnen.

17 Jan Müller bringt in seinem Artikel gegen den Artikel von Wilfried Schwetz die Materialismus/​Idealismus-​Frage in Anschlag, wie sie im Marxismus-​Leninismus aufgefasst wird. Darauf reagierte Wilfried Schwetz mit dem Artikel Das Materialismusproblem und das Versagen der Linken.

18 Soweit es »materialistische« Aspekte betrifft: Um mit sozioökonomischen Lebensumständen das Mitschwimmen Linker in C zu erklären, wären signifikante Unterschiede zu sozioökonomischen Lebensumständen von a- und b‑Linken nachzuweisen. Um mit sozioökonomischen Lebensumständen das Mitschwimmen von Menschen allgemein in C zu erklären, wären signifikante Unterschiede zu sozioökonomischen Lebensumständen von a- und b‑Schwimmenden nachzuweisen. Ohne solche Nachweise kann der Eindruck, mit sozioökonomischen Lebensumständen würde etwas erklärt, nur daraus entstehen, dass die Erklärung in ideologische Muster passt, die man für zutreffend hält.

19 Marx: Kritische Randglossen, S. 408

21 Manche Linke möchten ziemlich viele Leute als »Kleinbürger« aus dem Proletariat herauswerfen. Dazu Marx: Die Ware ist »das gemeinsame Produkt eines Gesamtarbeiters, das heißt eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder der Handhabung des Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehen. Mit dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses […] erweitert sich […] der Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst Hand anzulegen; es genügt Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine seiner Unterfunktionen zu vollziehen.« (Das Kapital I, S. 531f) – »Nicht nur der direkte Handarbeiter oder Maschinenarbeiter, sondern overlooker [Aufseher], ingenieur, manager, commis etc., kurz, die Arbeit des ganzen Personals, das in einer bestimmten Sphäre der materiellen Produktion erheischt ist, um eine bestimmte Ware zu produzieren, dessen concours [Zusammenwirken] von Arbeiten (Kooperation) notwendig zur Herstellung der Waren ist [:] In der Tat fügen sie dem capital constant [konstantem Kapital] ihre Gesamtarbeit hinzu und erhöhen den Wert des Produkts um diesen Betrag. (Wieweit dies von Bankiers etc. gilt?)« (Theorien über den Mehrwert I , S. 134) – »[E]in Schullehrer [ist] produktiver Arbeiter, wenn er nicht nur Kinderköpfe bearbeitet, sondern sich selbst abarbeitet zur Bereicherung des Unternehmers. Dass letzterer sein Kapital in einer Lehrfabrik angelegt hat, statt in einer Wurstfabrik, ändert nichts an dem Verhältnis.« (Das Kapital I, S. 532)

Bild: Plan von St. Petersburg von I. Homann. Papier, Radierung, Meißel und Aquarell. 50,5x59,5 cm. 1720er Jahre (vor 1725)

8 thoughts on “Links und rechts und keine Mitte dazwischen

  1. Was ist das? Sind wir in einem Philosophie Seminar?

    Das alles mag schön formuliert und gedanklich in hohe Sphären tragen, aber nach wenigen Absätzen habe ich keine Lust mehr zum lesen. Weil nicht im Ansatz erkennbar ist, was der Autor mitteilen möchte?

    Der ganze Aufsatz ist geprägt von einer kleinen Gedankenwelt, in der man sich ständig dreht und mit immer neuen Worten das Gleiche sagt. Völlig losgelöst von irgendwelchen Realitäten werden rhetorische Konstrukte entwickelt, die suggerieren sollen man beschäftige sich mit realen Welten von Menschen.

    Im Grunde zeigen solche Werke vor allem, wie weit man von der Sprache und der Welt der Menschen entfernt ist und warum es aktuell Null Chance gibt, das sich hierzulande ein in Ansätzen wirksamer linker Widerstand entwickeln kann.

    Es zeigt das völlige Fehlen der Fähigkeit Dinge zu abstrahieren und zu verkürzen auf ein Maß, dass es Menschen, die nicht jeden Tag an einer Universität sind und ihren ganzen Arbeitstag damit verbringen sich irgendwelche Theorien auszudenken, selbst ermöglicht politische Ziele zu formulieren und auf Basis konkreter, d.h. aus dem Leben von echten Menschen entwickelter, Handlungsoptionen zu zeigen, wie Linke Ideen sich positiv für alle auswirken könnten.

    Aufgrund dieses Mangel muss man sich dann irgendwelche Strohmänner basteln und aus Worthülsen, die für mich genau so klingen, wie die Marketingideen der Neoliberalen Agenden von Klimawandel und Corona, die eine Alternativlosigkeit und Endgültigkeit zeigen, die so gar nicht existiert. Während die Schüler von Lippmann und Bernays dies mit der geballten Macht der Medienindustrie auch in die Köpfe der Menschen hinein hämmern können, wird der Versuch dies von linker Seite nachzumachen scheitern. Neben der fehlenden Propagandainstrumenten, werden solche Konstrukte niemanden – also die erwähnten arbeitenden Menschen – nicht erreichen:

    »Im Prinzip funktioniert der westliche Kapitalismus deshalb nicht mehr, weil Menschen im Globalen Süden zu sehr den Lasten des westlichen Wohlstandkapitalismus entzogen wurden und aus dem verbleibenden Lastenträgerinnenrest zu wenig herauszuholen ist, um im Westen die industrielle Kapitalakkumulation mehr als nur in Ausnahmefällen profitabel zu halten. «

    Für mich funktioniert der westliche Kapitalismus perfekt. Ich habe ein Dach über den Kopf, kann in dutzenden Supermärkten aus einem riesigen Angebot von Nahrung auswählen was ich essen möchte, habe ein Überangebot an der Jahresezeit entsprechender Kleidung im Schrank und kann zahlreiche nützliche Geräte erwerben, die mein Leben erleichtern oder bereichern. Das alles funktioniert bei einer mittleren Ausbildung auch ohne einen Vollzeitjob. 

    Die Probleme die hinter den Gedanken stehen, haben andere Ursachen die ein studierter Mensch in Mitteleuropa anscheinend gar nicht mehr erfassen kann. Natürlich sind Kapitalakkumulation und Ausbeutung der Rohstoffreichen Länder Fehler in dem System. Aber das Hauptproblem ist der Mangel an Solidarität und welche Rolle diese in einem Wirtschaftssystem spielen sollte. Und, um das zu verkürzen, ein Lösungsansatz wäre es anzuerkennen, dass a.) Arbeit für die Menschen wichtig ist und b.) jede Arbeit dazu führen muss, dass der Mensch davon leben kann.

    Grundsätzlich ist das größte Übel das die, die die Produktionsarbeit leisten mittlerweile völlig aus jedem Entscheidungsgefüge entfernt wurden. Wir leben in einem Feudalismus wo das Finanzkapital, die Medienindustrie und andere akademischen Erfüllungsgehilfen, als die totalen Herrscher über die Mehrheit der Menschen inthronisiert hat. Und darüber täuschen auch solche vermeintlich mitfühlenden Pamphlete nicht hinweg. 

    Solange nicht die Menschen, die für ihr überleben arbeiten müssen, nicht an der Macht beteiligt sind, solange werden wir diesen Niedergang des solidarischen Zusammenlebens weiterführen und ich sehe aktuell auf keiner Ebene einen Ausgang aus dieser Entwicklung.

    Leider!

  2. Der Autor bietet eine fachironisch verfremdete und sozial-​psychologisch maskierte Typologie sozialen Verhaltens in krisenhaften Situationen und wendet sie auf Vorgängiges an. Auffällig ist die Ausblendung eines nageliegenden wissenssoziologischen Ansatzes, mit dem allerdings die Erinnerung an Tendenzen bewusster politischer Praxis verbunden wäre, indem er die antagonistischen Interessen, die in ihr agieren noch konkret zu benennen fähig war. Anzunehmen, dass im spöttischen Tonfall, der in den Bemerkungen über den gängigen Vulgärmarxismus mitschwingt, der das individuelle Bewusstsein als durch die Klassenlage vorherbestimmt ansieht, eine Verdrängung nachklingt, die den Autor einen Affektinhalt, der aus dem Zusammenhang traumatisch erfahrener akademischer Konflikte entstanden ist, auf ein »Ersatzobjekt« verschieben lässt.

    Nicht gegeben wird eine begriffliche Ableitung, die sich methodisch dem Wissenschaftlichen Sozialismus verpflichtet. Vielmehr deutet die unklare Rede von »Entsprechungen« auf die Nähe zu Komplementaritätstheorien hin, wie sie in der phänomenologischen Richtung der spätbürgerlichen Philosophie vertreten wurden. Es liegt der Verdacht nahe, dass hierbei die eingestreuten Zitate der Klassiker der revolutionären Arbeiterbewegung nur die Rechtsabweichung kaschieren helfen sollen. Ob das mit Vorsatz oder aus dunklen unbewussten Gründen erfolgt, sei dahingestellt.

  3. Famose Idee, den Links-​Mitte-​Rechts-​Schematismus mit einem anderen Schematismus zu überlagern und die Interferenzen zu betrachten. Wer nur in einer Schicht denken kann, wird vermutlich Schwierigkeiten haben zu verstehen, was der Text zu bewerkstelligen versucht.
    Aber früher oder später werden wohl auch linke Betonköpfe nicht daran vorbeikommen zu merken, dass sie Relikte einer politischen Landschaft geworden sind, die es nicht mehr gibt und nicht mehr geben kann. Die Linke ist tot! Es lebe die neue, die Freie Linke!

  4. Mein Problem mit MagMa-​Artikeln ebenso wie Kommentaren ist: Dass immer schon viel zu viel vorausgesetzt ist bei den Erklärungen, dabei leider vor allem höchst Umstrittenes, das sind die Begrifflichkeiten und Basis-(Hypo)Thesen, di ein der Erklärung zum Einsatz kommen. Da aber alles zum Verstehen der aktuellen Verhältnisse drängt, kommt man kaum je zum Austrag der fundamentalen Differenzen. Die zeigen sich dann bestenfalls in den gegeneinander vorgebrachten Einwänden. Also etwa meinen gegen Gedanken in diesem Artikel:

    1. Wie geht denn der Zusammenhang von »Krise durch nachlassende Aneignung von unbezahlter Arbeit aus dem Globalen Süden« (egal, ob das so stimmt oder nicht) mit DER PANDEMIE und damit zusammenhängenden Repressionen? Und wie der zwischen dem, was die C‑Linken so von sich geben als Gründen, und ihrer Unterstützung dieser Repressionen (bis hin zuu ZeroCovidLockdowns)? Wollen die damit, punktuell, eine vermeintliche Pandemie bekämpft sehen (und das dann als »Solidarität« gedeutet sehen), oder klammheimlich dem systemischen C‑Faschismus der »Mächtigsten« zur Durchsetzung verhelfen – letzteres dann als Mittel genau WOFÜR bzw in welchem Kalkül?

    2. Der Anteil der unerledigten SACHDEBATTE in einer komplexen biomedizinischen Kontroverse zur Pandemie, spätestens in der (ihrem Selbstverständnis nach) faktencheckenden Massnahmen-​befürwortenden Öffentlichkeit fällt als Erklärmoment offenbar völlig aus. Was ist die dann – ein Vorwand für den ganz anders motivierten Übergang zur Aufopferung für »die Mächtigsten«?

    3. Oder vielleicht doch so etwas wie eine (fraglos höchst erklärungsbedürftige!) fraktions- und partei-​übergreifende WISSENSCHAFTS-​GLÄUBIGKEIT, bei 5 – 10% unter Umständen gekoppelt mit HYPOCHONDRIE und einer neurotisch verformten Sorge um sich und alle »Vulnerablen«, die für Katastrophen-​Diagnosen um so empfänglicher macht, als sich gerade in dieser allergrössten (immerhin »wissenschaftlich« diagnostizierten) Not die fortbestehende oder gar gesteigerte Funktionalität »unserer« medizinischen Gegenmassnahmen unter Beweis stellen lässt? Und die des SYSTEMS, in technologischer, hier speziell BIO-​technologischer Hinsicht, aber auch ganz allgemein, wo es um Wirkfähigkeit geht.

    4. Was ist dann die Gemeinsamkeit von Pandemie und Krieg? Der alternative, auch linke a- und b‑Mainstream weiss die Antwort, es ist alles ABSICHT und LÄNGST GEPLANT (sogar öffentlich nachweisbar), und zwar von allen Beteiligten, die entweder Käufer-​Bestecher oder Gekauft-​Bestochene sind; oder aber es ist VORWAND, VORTÄUSCHUNG, Lüge, Propaganda, nicht das eigentliche Motiv, das selten bis nie ausgesprochen und somit zu erraten bleibt. Mit andern Worten: Was geschieht, in Krieg wie Pandemie, ist erfolgreich umgesetzte Absicht; und zwar einer, der sich alle Beteiligte fügen.
    Widerspricht diese Auffassung nicht aber diametral der von sunnifa am Anfang der Ausführungen oben geäusserten: »Befindet sich eine materielle Produktionsweise in einer tieferen Krise, so dass die Reproduktion der sozialen Verhältnisse bröckelt, beginnen politische Landkarten, die sich auf Verhältnisse während der Phase der Funktionsfähigkeit der Produktionsweise beziehen, unpassender zu werden.« Wie, wenn sich dies zunehmend auf ALLE »Landkarten« und Praxis-​leitenden Kategoriensysteme bezieht?

    5. Sodass es nicht eine wenn auch korrumpierte, auf »falsche« (C-)Zwecke fehl-​orientierte, so doch nach wie vor FUNKTIONALE System-​Stärke ist, die uns da begegnet – eine, die imstande wäre, die »bröckelnde soziale Reproduktion« mit überlegener (Staats)Gewalt zu heilen – sondern nur eine der vielen Facetten dieses Bröckelns selbst?

    6. Sodass das, was geschieht, nämlich der übermässige Einfluss, den unvorhergesehen Klüngel wie die Pandemie-​Übungs-​Szene (Biowaffenmilitär, Gates-​Stiftung, Pharmaindustrie) oder eine russophobe va exil-​ukrainische Szene (Kanada, USA, UK, Polen„ Baltikum) im Verbund mit gleichgesinnten Neocon- und liberalen Interventionisten-​think-​tanks plötzlich auf überrumpelte und nicht auf Augenhöhe mit der erzeugten »Lage« operierende REGIERUNGEN und Behörden bekommen, Ausdruck einer von (eher) System-​Aussenseitern genutzten SCHWÄCHE wäre?

    7. Und von da aus nochmal zurück zur angesichts dessen berechtigten sunnifa-​Fragestellung (die auch von Anonymus v.7.7. im Text gesehen wurde): Was machen verschiedene Fraktionen von Leuten, wenn sie die Systemschwäche bemerken oder zumindest ahnen? Aufgrund welcher ihrer praktischen Standpunkte bzw Mentalitäten reagieren sie da wie? Zumal wenn sie ein Gefühl für die Stärke entwickeln, mit der ihre Position von andern in der Bevölkerung geteilt wird.

    8. Mit Erstaunen habe ich registriert, dass eine Betrachtung wie die von sunnifa über die ganze Länge des Texts auskommt ohne ein einziges Mal die Kategorie STAAT*) anzusprechen.
    Es ist aber (anonymer Wissenssoziologe, das betrifft auch dich) unübersehbar der Staat, der bürgerlich Klassen- und auch sonst Interessen-​Konflikte zu schlichten berufene (neben einigen anderen oft unerwähnt bleibenden Funktionen bzw Aufgaben im Rahmen der Gesamt-​Produktionsweise), der mit seinem neoliberalen Freihandels-​Regime bzw Globalisierungsprogramm nach aussen und seinem Niedriglohnsektor per Sozialabbau, Privatisierung usw nach innen die in der KONKURRENZ sich reproduzierenden Klassen überformt hat und so die massgeblichen Fraktionen, von denen abC-​Betrachter der Verhältnisse unter anderm reden, hat zustandekommen lassen:
    i.Globalisierungsprofiteure (Kapital und Lohnabhängige);
    ii. Globalisierungsabhängige (dito) (hier mal kurzer Hinweis auf die Kategorie der (in Marx‹ etwas ungeschickter Terminologie so genannten) unproduktiven (ua Dienstleistungs)Sektoren kapitalistischer Wirtschaften, deren Kapital wie Löhne (Honorare, Gehälter…) aus REVENUE bezahlt (reproduziert) wird, also aus Arbeits- oder Kapitaleinkommen (indirekt auch Steuern usw);
    iii. Globalisierungsruinierte aller Art (hämisch verharmlosend auch »-verlierer« genannt; wobei es die ja auch im Globalen Süden zu nicht geringen Teilen gibt…)
    Wir erkennen unschwer diese durch Staatshandeln erzeugten Klassen (welche die konkurrenz-​bedingten Klassen-​teilungen übergreifen), deren Klassenkampf notgedrungen POLITISIERT ist und sich rechts- wie linkspopulistisch, mittlerweile auch mitte-​populistisch/​extremistisch gegen bzw an den Urheber ihrer Klassenlage richtet.
    9. Davon, wie nun aber politische Mentalitäten zustandekommen, weiss die traditions-​sozialistische Wissenssoziologie eher wenig (gerne greift sie in der Verlegenheit zum Residual-​Etikett KLEINBÜRGERLICH), etwa links- und rechtslibertäre (»Monopol- und Staatskritiker«). Also Befürwortung etablierter oder alternativer oder revolutionärer Staatsprogramme oder Vergesellschaftungskonzepte.
    Da besteht eventuell Klärungsbedarf.
    10. So wie beim STAAT: Ist er Spielball der »Kapitalfraktionen«, die sich nur selten noch zu EINER, den allgemein gültigen Staatswillen vorwegnehmenden Position durchringen? Wieso sind eigentlich Pharma und überhaupt Medizin‑, aber auch Rüstungs‑, Agrar‑, Finanz‑, Versorger‑, Bau‑, Medien-​Industrie so besonders staatsnahe Branchen? Nicht etwa wegen der GEBRAUCHSWERTE, die sie als notwendige Instrumente dem Staat als oft einzigem Abnehmer oder speziell Interessiertem verfügbar machen (für Chemie‑, Elektronik- oder Sanitärartikel-​Industrie gilt das offenbar eher nicht…)? (Die Ableitung von Krieg als profitablem Absatzmarkt und Quelle von »Extraprofiten« aufkosten des Restkapitals… gehört mit zu putzigsten, was die traditionssozialistische »Wissenschaft« an Thesen zustandegberacht hat… Warum nur hat nie die Kosmetikindustrie sich um eine Staats-​Initiative in Richtung »Make America (or ROW) beautiful again!« bemüht…) Aber dann.. für welchen Staats-​Zweck? Zu denken könnte geben, dass der (va frühneuzeitliche) Staat sogar älter als DAS KAPITAL ist. Wie denn das? Was hat eigentlich die Kapitalisten zu einer HERRSCHENDEN Klasse gemacht? Was ist die Quelle ihrer HERRSCHAFT? Und welches ist die Quelle der Staatsmacht – ist sie abgetreten, geliehen, für bestimmte Spezialaufgaben, wie es die Rede vom »Instrument der HERRSCHENDEN Klasse« nahelegt? Ist es verkehrt, den (reifen) bürgerlichen Staat nicht auch als Staat der selbstbewussten Eigentümer ihrer Arbeitskraft zu sehen, die sich von ihm Schutz und Wahrung ihrer Interessen im Rahmen des (von der Politik, also dem aktuell gültigen Staatsprogramm und ‑personal) bestimmten Gemeinwohls erwarten?
    Soviele Fragen.
    Soviel Klärungsbedarf.
    Zugegeben: es führt weg vom aktuellen Handlungsbedarf. Derer zumindest, die schon wissen was zu tun ist. Allzuviel Grübeln stört da bekanntlich nur.

    1. .« Analyse ist immer erstmal für uns.« (Franzisca) und das bedeutet zunächst einmal: für uns a l s I d i o t e n. Ich bitte hier doch zu beachten, dass unsere »gelehrten« Äußerungen in der Sphäre Veröffentlichter Meinung, die eine gewisse Erweiterung durch die asocial media erfahren hat, auch nichts anderes sind als die Ansichten von Privatpersonen und keine Autorität in Kraft irgend eines öffentlichen Amtes für sich beanspruchen können. Insofern ist Ihre Aufregung darüber, dass es in diesen Kommentarspalten keine ernsthafte Auseinandersetzung gibt, sondern nur Positionierungen und Selbstdarstellung wirklich absurd und – ich zögere nicht das zu sagen – wirklich idiotisch.

      Reißen Sie sich einmal zusammen und bedenken sie endlich die Bedingungen des strategischen Feldes, in dem sie sich äußern!

      Bildungsbürgertum zählt halt nicht mehr. (das vom »Wissensoziologen«)

      1. Wird erwartet, dass ich das verstehe?
        Ich war doch garnicht aufgeregt…?
        Ich äussere mich als Einzelperson (ok, Idiotin, wenn daran soviel liegt) zu einem Text, und versuche ihm gerecht zu werden (was, zugegeben, kaum möglich ist). Solches mich Äussern ist Bildungsbürgertum?
        »Strategisches Feld«? Mag sein, dass du dich im Krieg siehst. Ich nicht.
        (Und lass bitte das Siezen. Das ist wirklich idiotisch.)

  5. @Anonymous.… geht es auch NOCH anstrengungsloser? Was ist den Ihr strategisches Feld? Das wäre wirklich interessant zu erfahren!

  6. Ich verstehe schon die Sprache nicht – das sind wohl rein technische Texte für Insider, wie dieser:
    Readovka erklärt, was jetzt an der Front passiert

    Die Offensive in Richtung Slawjansk wird durch schwieriges Gelände – Berge, Flüsse und Halden – behindert. Die russischen Truppen stehen in der Tiefebene – Jampol und Liman -, die Frontlinie verläuft entlang des Flusses Sewerskij Donez, dessen Überquerung durch feindliche Feuerstellungen auf den dominierenden Höhen des Südufers behindert wird.
    Sewersk liegt ebenfalls im Tiefland, wie sein früherer Name »Pit« vermuten lässt. Die Hochebenen östlich der Stadt sind von der russischen Armee besetzt, aber die dominierende Höhe in Zakotny, der Berg Schtschurow (170 m), bleibt unter der Kontrolle der AFU, mit Artillerie- und Mörserstellungen, von denen aus das Ufer des Sewerskij Donez und die Stadt Sewersk vollständig beschossen werden können.
    Der Feind feuert von den hinteren Hängen des Gebirges aus geschlossenen Stellungen und erschwert so die Bekämpfung der Geschütze, die Munition wird aus Reznikovka herbeigeschafft, berichtet ein Offizier Armee der Volksrepublik Donezk an Readovka.
    Der nächste wichtige Punkt ist eine unbenannte Höhe (55 m) in Raigorodka. Es handelt sich um einen Kreidehaufen, der dazu dient, den Übergang von Liman nach Slawjansk zu sichern. Beide Städte liegen in einem niedrig gelegenen Gebiet, und von derselben Position aus halten die AFU den Sewerskij Donez im Gebiet Starodubowka unter Feuer.
    Während der russischen Offensive wird sich der Feind unweigerlich tief in das Rai-​Alexandrowka-​Gebirge auf vorbereitete Stellungen zurückziehen. Von strategischer Bedeutung für die Einnahme von Slaviansk und Kramatorsk ist der Berg Karachun (168 m), der diesen Ballungsraum teilt und es ermöglicht, diese Siedlungen unter Feuer zu halten.
    An diesem Punkt kann man argumentieren, dass sich die russischen Streitkräfte bei einem Angriff auf Sloviansk in der ungünstigsten Position befinden – im Tiefland. Operativer Handlungsspielraum kann durch das Ausschalten des »Bakhmutsker Bodens« und das Erreichen der dominierenden Höhen von Süden und Osten her geschaffen werden.

    *** Übersetzt mit http://​www​.DeepL​.com/​T​r​a​n​s​l​a​tor (kostenlose Version) ***

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert